Sagen
Sagen in und um Tonndorf
Der Ort Tonndorf mit seinem Schloss hat auch seine Sagen, berühmt ist vor allem die Sage von der weißen Frau, sie wird in verschiedenen Fassungen überliefert und immer wieder gern erzählt. Deswegen soll auch in der Aufführung der örtlichen Besonderheiten und Sehenswürdigkeiten eine dieser sagenhaften Überlieferung nicht fehlen.
Von ganz anderer Art und Herkunft sind die Überlieferungen und Sagen im Zusammenhang mit dem sogenannten Rasselbock, der nicht nur in Thüringen bekannt ist. Es handelt sich um ein Fabelwesen und es gibt zahlreiche Berichte auch aus alter Zeit über Sichtungen dieses Wesens, man muss es nur glauben.
Die Sage von der weißen Frau
Die weiße Frau von Tonndorf lebte einst mit ihrem ritterlichen stolzen Gemahl, einem Grafen von Orlamünde, auf der Burg. Der Himmel hatte ihnen Kinder versagt. Der Graf beteiligte sich an einem Kreuzzuge, um am heiligen Grabe Gott um einen Stammhalter anzuflehen. Nach langer Kriegsfahrt kehrte er unversehrt in die Heimat zurück. Von Berka aus sandte er sein Gefolge auf dem nächsten Wege über sein Dorf Diephenburnen (heute Tiefengruben) nach Tonndorf. Er selbst machte, nur von einem Knappen begleitet, einen Umweg über das von ihm und seiner Gemahlin gegründete Kloster Muncheszella, dem heutigen München an der Ilm, um dem Prior die Reliquien zu übergeben, welche er aus dem heiligen Lande mitgebracht hatte.
Nachdem er dort in der Kirche gebetet, den Heiligen für seine glückliche Rückkehr gedankt und zuletzt noch einen Ehrentrunk erhalten hatte, ritt er durch das Münchtal seinem geliebten Tonndorf zu.
Von der Zinne der Burg erschaute ihn die hohe Burgfrau und winkte ihm glücklich mit einem langen weißen Schleier den Willkommengruß zu. Unweit vom Dorfe brach plötzlich eine feindliche Schar aus dem Hinterhalt hervor. Ehe Hilfe von der Burg gebracht werden konnte, wurde der Graf vor den Augen seiner entsetzten Gemahlin fast unter den Mauern seiner Feste erschlagen.
Voll Grauen über das Erschaute, in dem Drange, zu ihm eilen, ihm helfen zu wollen, bog sie sich weit über die Zinnen der Mauer und stürzte in den Graben hinab. Vergebens suchte man überall nach ihr. Der Leichnam des Ritters wurde drei Tage feierlich in der Burgkapelle aufgebahrt und vier seiner Lehnsmannen hielten die Totenwacht. Um Mitternacht erblickten sie am Kopfende des Sarges die verschwundene Gräfin. Sie vermeinten nicht anders, als dass sie sich in ihrem großen Schmerze eingeschlossen gehalten habe, um von niemand gestört zu werden, nun in der Nacht zum geliebten Toten komme, um zu beten.
Sie verließen die Kapelle, um die hohe Frau nicht zu stören und wachten vor der Tür. Der Tag brach an, immer noch war die Gräfin nicht hinaus gekommen. Als sie die Kapelle betraten, war sie leer. Drei Nächte hindurch wiederholte sich dies. Niemand sah sie kommen, keiner sie gehen. Anzureden wagte man die Gestalt nicht, am Tage sah man sie nicht. Nachdem die Beisetzung in der Tonndorfer Kirche stattgefunden hatte, blieb sie verschwunden.
Noch einmal, am Jahrestage des Mordes, als drei Sühnekreuze am Orte der Untat gesetzt wurden, sah man sie nachts dort sitzen und soll dorthin alljährlich vom Schlosse aus hinabschweben, nachdem sie durch alle Zimmer gegangen ist, wovon man den Lichtschein weithin erblickt.
Wer die weiße Frau bei den Kreuzen sitzen sieht, wird in dem Jahre sterben, so meint der Volksglaube. Auch die totansagende weiße Frau des Berliner Schlosses war eine Gräfin von Orlamünde, von der die Hohenzollern abstammen.
Der Rasselbock
Zu einer Zeit, da der Hexenwahn noch weit verbreitet war, wohnte in Tonndorf eine alte Frau. Zurückgezogen lebte sie in einem halbzerfallenem Häuschen am Rand der Gemeinde und tat keiner Fliege etwas zuleide. Doch der Aberglaube der der neugierig nach ihrem Tun forschenden Leute, die ihre nächtlichen Kräutersammlungen mißdeuteten, brachte sie bald mit allerlei kleinem alltäglichen Unheil in Verbindung. Als schließlich noch dem Pächter das Neugeborenen vom hitzigen Fieber hinweggerafft wurde, bewaffneten sich die Bauern mit Sensen und Dreschflegeln, um die Alte zu fangen und zu verbrennen.
Da nun die Häscher an die Hütte kamen, konnte die das Unheil ahnende Frau gerade noch durch die Hintertür entweichen. Wütend nahmen die Männer die Verfolgung auf. Fast schon hatten sie die Flüchtende erreicht, die jeden Weg und Steg und auch die geheimsten Verstecke kannte, als diese plötzlich verschwand. Statt ihrer stand ein scheu äugender Bock auf der Lichtung.
Vermeinend, die Hexe habe sich in jenen verwandelt, fingen ihn die Bauer ein, legten ihm schwere Ketten an und warfen ihn auf den Scheiterhaufen. Doch kaum war das Feuer entzündet, sprang das Tier trotz der Fesseln auf und entfloh in den Wald. Dort soll es lange Jahre kettenklirrend umhergespukt haben. „Rasselbock“ wurde es geheißen, und jedermann ging ihm ängstlich aus dem Weg. Daß sich daraus die einst in dieser Gegend übliche Gepflogenheit erklärt, besonders klatschsüchtige um im Haus herumpolternde Frauen ebenso zu nennen, bleibt unbestätigt.
Vom Rasselbock hat man in jüngster Zeit nichts mehr vernommen – doch daß mit ihm auch alles Weibsgezänk auf immer verschwunden sei, dürfte sich wohl mehr als frommer Wunsch erweisen.